Gewährleistung der Integrität in Forschung und Lehre an der HES-SO Freiburg
Seit mehreren Jahren stellt sich die Frage der akademischen Integrität in der Landschaft der Hochschuleinrichtungen in einem von technologischer Innovation, Wettbewerbsfähigkeit und offener Wissenschaft geprägten Kontext auf prägnante Weise. Geldgeber und gesetzliche Normen wie das FIFG empfehlen den Bildungs- und Forschungsinstitutionen nun, Richtlinien zu verfassen und entsprechende Vorkehrungen zu treffen.
Im Jahr 2021 hat die HES-SO den von swissuniversities ausgearbeiteten nationalen Kodex für wissenschaftliche Integrität offiziell angenommen. Mit der Annahme des nationalen Kodex für wissenschaftliche Integrität und der Umsetzung des Aktionsplans erfüllt die HES-SO die gesetzlichen Anforderungen und positioniert sich klar und transparent zugunsten einer Kultur der Integrität.
Im Rahmen des Aktionsplans der HES-SO zur wissenschaftlichen Integrität ernennen die Hochschulen eine Referenzperson für wissenschaftliche Integrität, die für die Förderung und Umsetzung von Massnahmen zur Stärkung der wissenschaftlichen Integrität zuständig ist und der Expertengruppe der HES-SO angehört.
Für die HES-SO//FR wurde Mathias Rossi, Professor an der HSW-Fr, zu diesem Posten ernannt. Eine Richtlinie und ein Verfahren zur wissenschaftlichen Integrität an der HES-SO Freiburg werden derzeit erarbeitet.
Wissenschaftliche Integrität beruht auf Prinzipien, über die ein internationaler Konsens besteht (bezugnehmend insbesondere auf den Europäischen Verhaltenskodex für Integrität in der Forschung).
Die Grundprinzipien gemäss dem nationalen Kodex zur wissenschaftlichen Integrität lauten wie folgt:
- Verlässlichkeit im Hinblick auf die Gewährleistung der Qualität und Genauigkeit von Forschung und Lehre, um die Glaubwürdigkeit und das Vertrauen in die Wissenschaft sicherzustellen und zu fördern. Verlässlichkeit bezieht sich dabei insbesondere auf ihre Konzeption, Methodik und Analyse. Sie beinhaltet Transparenz und Nachvollziehbarkeit.
- Redlichkeit bei der Entwicklung, Ausgestaltung und Durchführung, Überprüfung und Beurteilung, Berichterstattung und Kommunikation von Forschung und Lehre. Diese erfolgen in transparenter Weise und im Bestreben nach grösstmöglicher Unvoreingenommenheit.
- Respekt für Kolleginnen und Kollegen in der Wissenschaft, Personen in Ausbildung, Forschungsteilnehmende, die Gesellschaft, das kulturelle Erbe und die Umwelt.
- Verantwortung für die Forschung von der ursprünglichen Idee bis zur Valorisierung sowie für die Verwaltung und Übermittlung des Wissens.
Die erwähnten Prinzipien leiten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bei ihrer Tätigkeit in Forschung und Lehre sowie bei ihrer Auseinandersetzung mit den praktischen, ethischen und intellektuellen Herausforderungen.
Sie werden durch die Anforderungen von öffentlichen Ämtern und insbesondere den allgemeinen Pflichten gestärkt (Art. 56 StPG): Sorgfalt, berufliche Kompetenz, Loyalität, Qualität.
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler planen und organisieren ihre Arbeit und zeigen Initiative, um die festgelegten Ziele zu erreichen. Sie erweisen sich mit ihrem Verhalten des Ansehens und Vertrauens würdig, die mit ihrer Funktion im öffentlichen Dienst verbunden sind.
Diese Richtlinie gilt für alle Mitarbeitenden, die an der Generierung und Verbreitung von wissenschaftlichen Inhalten beteiligt sind (nachfolgend: Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler).
Vom Geltungsbereich der vorliegenden Richtlinie ausgeschlossen sind Arbeiten der Studierenden, mit Ausnahme von Forschungsarbeiten, die einen originären Beitrag zur Entwicklung der wissenschaftlichen Kenntnisse leisten. Im letzteren Fall gelten die Studierenden als Hilfskräfte und die Grundsätze der wissenschaftlichen Integrität finden auf ihre Arbeiten Anwendung.
Unter wissenschaftlichem Fehlverhalten – auch «Verstoss gegen die wissenschaftliche Integrität» genannt – versteht man sowohl die Verletzung bestimmter gesetzlicher und/oder reglementarischer Bestimmungen, die Nicht-Einhaltung der in Art. 3 beschriebenen Grundprinzipien, eine Beeinträchtigung öffentlicher Interessen oder der Würde des Menschen als auch eine nicht nachhaltige Nutzung von Ressourcen.
Wissenschaftliches Fehlverhalten erfolgt nicht zwingend vorsätzlich. Ein Verstoss gegen die wissenschaftliche Integrität kann auch fahrlässig begangen werden.
Angehörige der HES-SO//FR sind verpflichtet, einen möglichen Verstoss gegen die wissenschaftliche Integrität der betreffenden Wissenschaftlerin bzw. dem betreffenden Wissenschaftler, ihrer bzw. seiner Vorgesetzten und/oder der bzw. dem Beauftragten wissenschaftliche Integrität HES-SO//FR zu melden.
Die nachfolgend aufgeführten Verstösse stellen ein wissenschaftliches Fehlverhalten dar. Bei dieser Aufzählung handelt es sich um eine illustrative und nicht vollständige oder abschliessende Liste.
- Vorspiegelung angeblicher Tatsachen: Beispiel: Behauptung, Protokollierung oder anderweitige Darstellung von nicht existierenden Daten, Grundlagen oder Ergebnissen. Dazu gehört auch das falsche oder irreführende Zitieren aus Arbeiten oder angeblichen Arbeiten Dritter, wenn deren Korrektheit oder Unkorrektheit überprüft werden kann.
- Fälschung: Beispiel: Eine unlautere, vorsätzliche oder grob fahrlässige Manipulation durch Änderung, Löschung oder Auslassung von Daten oder Forschungsergebnissen
- Plagiat oder Selbstplagiat: Beispiele: Verwendung von Arbeiten, Ideen oder Formulierungen Dritter ohne korrekte Angabe der Quelle; Verwendung von Arbeiten Dritter mit leichten Adaptierungen oder Übersetzungen ohne korrekte Angabe der Quelle; Wiederverwendung von erheblichen Teilen eigener oder in Co-Autorenschaft erstellten Arbeiten aus wissenschaftlichen Publikationen und Forschungsanträgen sowie aus nicht-publizierten Quellen ohne korrekte Angabe der Quellen
- Fehlverhalten bezüglich Autorschaft: Beispiele: Beanspruchung der Autorschaft ohne zur Arbeit einen wesentlichen inhaltlichen Beitrag geleistet zu haben (inkl. Forschungsgesuche); Nichterwähnung von Personen, die durch persönliche wissenschaftliche Leistung einen wesentlichen Beitrag zur Publikation erbracht haben oder Herabwürdigung von deren Beitrag; Reihenfolge der Autorschaft, die den Umfang der Beiträge der einzelnen Personen nicht adäquat wiedergibt; Nicht-Anerkennung der Autorschaft, die zur Erarbeitung von Unterrichts- und Lernmaterial beiträgt.
- Fehlerhafte Publikationslisten: Beispiele: Einreichen einer falschen oder irreführenden Publikationsliste, um Gelder oder eine Stelle zu erhalten.
- Fehlerhafter Umgang mit Daten und Materialien: Beispiele: Bearbeitung von Personendaten, ohne dass dafür vorgängig die Zustimmung eingeholt wurde; fehlendes Gesuch an die Ethikkommission; keine oder unvollständige Angabe von Daten und Datenquellen; Kopie, Weitergabe oder Verwendung von Daten ohne Berechtigung; unsachgemässe Aufbewahrung von Daten; Verstösse gegen die Verpflichtung bzgl. Aufbewahrung oder Vernichtung von Daten oder Materialien; unzureichende Pseudonymisierung/Anonymisierung von Daten; Verletzung von Offenlegungspflichten.
- Fehlverhalten in der Zusammenarbeit: Beispiele: Vernachlässigung der Betreuungs- und Aufsichtspflicht; Missbrauch einer Leitungsfunktion, um Verstösse gegen die wissenschaftliche Integrität anzuregen, zu fördern oder zu vertuschen; Schädigung, Verunglimpfung oder Behinderung der Forschungsarbeiten anderer; missbräuchliches Vorenthalten von Forschungsergebnissen oder Weigerung, berechtigten Personen Einsicht in die Forschungsdaten zu gewähren; Verletzung der Vertraulichkeitspflicht; in den Teams begangene oder tolerierte Belästigungen und Diskriminierungen.
- Fehlverhalten bei Gutachten/Expertisen und Peer Reviews: Beispiele: Verschweigen von Interessenkonflikten oder anderen Befangenheitsgründen; Verfassen von wissenschaftlichen Gutachten, ohne über das notwendige Wissen zu verfügen; Verfassen von wissenschaftlichen Gutachten, die nicht fundiert, sachlich und angemessen sind; Übernehmen von Gedankengut oder unbefugtes Verwenden von vertraulichen Informationen, zu denen im Rahmen der Gutachtertätigkeit Zugang besteht.
- Fehlverhalten bei Verfahren betreffend wissenschaftliche Integrität: Beispiele: Vorwurf des Verstosses gegen die wissenschaftliche Integrität in schädigender Absicht; Verschleiern oder Beschönigen von durch Drittpersonen begangenen Verstössen gegen die wissenschaftliche Integrität; Benachteiligung von Personen, die wissenschaftliches Fehlverhalten angezeigt haben oder gegen die ein Verdacht von Fehlverhalten erhoben wird (Unschuldsvermutung).
- Andere Formen von wissenschaftlichem Fehlverhalten: Beispiele: Organisation und Durchführung von Forschung ohne Einholen der erforderlichen Bewilligungen oder Bestätigungen (z. B. bei einer Ethikkommission); Gründung oder Unterstützung von Zeitschriften oder Plattformen ohne angemessene Qualitätsstandards; Nichtbeachtung möglicher Schäden und Risiken in Verbindung mit Forschungsarbeiten.
Die HES-SO stellt ihren Studierenden und Mitarbeitenden das Tool Compilatio zur Verfügung, um Plagiate zu bekämpfen.
Die notwendigen Informationen finden Sie auf der Website von InfoPlag. Zusätzliche Informationen sind auch im Intranet der HES-SO verfügbar.
Die HES-SO schlägt eine präzisere Positionierung in Bezug auf den Einsatz generativer KI in der Lehre vor. Die neu herausgegebenen Grundsätze befassen sich unter anderem mit Lehr- und Bewertungsmodalitäten, Ethik und Rechenschaftspflicht.